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MedienmitteilungVeröffentlicht am 1. Juli 2025

NKVF fordert transparente Information und bessere Verständigung bei zwangsweisen Rückführungen auf dem Luftweg

Bern, 01.07.2025 — In ihrem heute veröffentlichten Bericht legt die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) ihre Beobachtungen und Empfehlungen zu zwangsweisen Rückführungen auf dem Luftweg vor. Besonderes Augenmerk legt sie dabei auf die Information und Kommunikation während zwangsweisen Rückführungen. Die Kommission sieht Verbesserungsbedarf bei der Aufklärung der betroffenen Personen, der sprachlichen Verständigung sowie der Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit Angehörigen oder Dritten.

Mängel bei Information und Verständigung

Grundsätzlich stellte die Kommission fest, dass sich die polizeilichen Begleitpersonen um eine transparente und verständliche Kommunikation bemühen. Dennoch kommt sie zum Schluss, dass zwangsweise rückzuführenden Personen in der Regel erst im Moment der Anhaltung über die unmittelbar bevorstehende Rückführung informiert werden. In Einzelfällen fehlen Erläuterungen zu den Gründen und dem Ablauf. Diese Informationslücken können bei den betroffenen Personen zu erheblicher Verunsicherung führen und den Stress sowie das Konfliktpotenzial während der Rückführung zusätzlich erhöhen. Die Kommission empfiehlt, spätestens 72 Stunden vor einer geplanten Rückführung ein Vorbereitungsgespräch durchzuführen. Im Zeitpunkt der Anhaltung sollten alle betroffenen Personen umfassend – und bei Kindern kindgerecht – über den Ablauf informiert werden.

In mehreren Fällen stellte die Kommission Verständigungsschwierigkeiten zwischen den rückzuführenden Personen und den polizeilichen Begleitpersonen fest; in vier Fällen wurden Kinder zur Übersetzung herangezogen. Die Kommission fordert, in solchen Situationen professionelle Übersetzungen sicherzustellen und Kinder keinesfalls als Dolmetschende einzusetzen.

Unangemessene polizeiliche Praktiken

Der Umgang mit den rückzuführenden Personen war insgesamt professionell und respektvoll. Die Kommission stellte zudem fest, dass sich die polizeilichen Begleitpersonen sichtlich um das Wohlergehen von Kindern, insbesondere Kleinkindern, bemühten. Allerdings beobachtete die Kommission weiterhin standardmässige Transportfesselungen, präventive Fesselungen (trotz kooperativen Verhaltens oder fehlender Gegenwehr), routinemässige Fesselungen bei der Ankunft am Flughafen sowie den regelmässigen Einsatz des Kerberos-Gurtes. Insgesamt verzeichnete die Kommission im Berichtszeitraum jedoch weniger präventive und nach Ansicht der Kommission unverhältnismässige Zwangsmassnahmen.

Handlungsbedarf bei der medizinischen Versorgung

Die Kommission kritisiert den Mangel an Vertraulichkeit bei medizinischen Untersuchungen, die grundsätzlich im Beisein der polizeilichen Begleitpersonen stattfinden. Darüber hinaus beanstandet die Kommission medizinische Untersuchungen unter Anwendung von Zwangsmassnahmen, die fehlende Wahrung der Privatsphäre, Lücken im medizinischen Informationsaustausch sowie das Fehlen notwendiger Hilfsmittel oder Reservemedikamente am Tag der zwangsweisen Rückführung.

Der Bericht erscheint in deutscher Sprache. Eine Zusammenfassung auf Französisch und Italienisch liegt ebenfalls vor.

Von Januar bis Dezember 2024 hat die NKVF 53 zwangsweise Rückführungen auf dem Luftweg der Vollzugsstufe 4 (Sonderflüge) sowie 13 Zuführungen von zwangsweisen Rückführungen der Vollzugsstufen 2 und 3 beobachtet. Dabei hat sie die zwangsweisen Rückführungen von insgesamt 51 Familien mit 97 Kindern begleitet.