Keine Kontingente für Flüchtlinge!

Stellungnahme der EKM zur Teilrevision AuG (Umsetzung Art. 121a BV)

Die Eidgenössische Kommission für Migrationsfragen EKM hat sich an ihrer Plenarsitzung vom 27. April 2015 mit der vorgeschlagenen Änderung des Ausländergesetzes im Hinblick auf die Umsetzung des Artikels 121a BV befasst. Sie nimmt im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens Stellung.

Die Kommission ist sich bewusst, dass die Umsetzung der so genannten Masseneinwanderungsinitiative eine der wichtigsten politischen Herausforderungen für die Schweiz darstellt. Allerdings wird es nicht die nun vorgeschlagene Teilrevision des AuG sein, welche viel zur Lösung des Problems beitragen kann. Nur Anpassungen im Freizügigkeitsabkommen mit der EU – falls es denn zu einer Neuverhandlung kommen sollte – hätten weiterreichende Folgen auf die Zuwanderung.

Die Teilrevision AuG basiert auf der Annahme, dass das FZA angepasst oder weitergeführt werden kann. Was geschehen soll, wenn die Neuverhandlungen scheitern sollten, ist nicht Bestandteil der jetzigen Vernehmlassung. Die Stellungnahme der EKM zum konkreten Gesetzesentwurf beschränkt sich auf einige wichtige Punkte.

Keine Kontingente für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass nur Asylsuchende von Höchstzahlen ausgenommen werden (weil sie nur vorübergehend hier sind). Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine Aufenthaltsbewilligung und sind somit laut Art 17, Abs 2b den Höchstzahlen/Kontingenten unterstellt. Vorläufig Aufgenommene und Schutzbedürftige werden laut Art 17a, Abs 3 ausdrücklich den Höchstzahlen unterstellt.

Die Zahl von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen darf auf keinen Fall kontingentiert werden. Das ist eine unzulässige Vermischung von Zulassungspolitik und Schutz von Vertriebenen und gefährdet Menschen, die in der Schweiz Schutz vor Verfolgung suchen.

Der Bundesrat bekräftigt zwar in seinen Erläuterungen, dass die internationalen Verpflichtungen eingehalten werden sollen; z.B. das Non-Refoulement-Gebot, und wohl auch die EMRK. Er kann das aber nur glaubhaft machen, wenn diese Kategorien klar von den Höchstzahlen ausgenommen werden.

Dass Artikel 121a ausdrücklich festhält "Die Höchstzahlen gelten für sämtliche Bewilligungen des Ausländerrechts unter Einbezug des Asylwesens" muss dabei kein Hindernis sein. Im Verfassungsartikel steht auch "unter Berücksichtigung eines Vorranges für Schweizerinnen und Schweizer". Da nicht ausführbar, wird dies (von den Initianten akzeptiert) als Vorrang auch für bereits hier lebende Ausländerinnen und Ausländer uminterpretiert.

Keine Kontingente für den Familiennachzug von vorläufig Aufgenommenen

Art. 85 Abs 7 des Entwurfs bestätigt die bereits gültige Regelung, dass der Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene erst nach 3 Jahren erfolgen kann. Nun sollen die Bedingungen für diesen Familiennachzug noch an ein nicht-ausgeschöpftes Kontingent geknüpft werden.

Vorläufig Aufgenommene haben auch ein Recht auf Familienleben. Die dreijährige Wartefrist ist bereits sehr schwer akzeptierbar. Die Unterstellung unter ein Zuwanderungskontingent ist nach Einschätzung der Kommission nicht zulässig.

"Inländervorrang" für vorläufig Aufgenommene und Schutzbedürftige

Die Kommission befürwortet grundsätzlich die Personenfreizügigkeit und die damit zusammenhängenden Bilateralen I. Sie will, dass diese weitergeführt werden. Sie akzeptiert, dass es Zulassungsbeschränkungen für Personen aus Drittstaaten gibt, fordert aber, dass alle, die zugelassen werden, möglichst die gleichen Rechte erhalten.

Zu diesem Punkt gibt es eine kleine Verbesserung im neuen Entwurf: Vorläufig Aufgenommene und Schutzbedürftige sollen vom "Inländervorrang" profitieren können, sie werden zum inländischen Arbeitskräftepotenzial gerechnet. Das kann ihre Stellung bei Ausbildung und Arbeit verbessern.

Kontingente ab 4 Monaten Aufenthalt

Art 17a hält fest, dass die Höchstzahlen für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen, Niederlassungsbewilligungen und Grenzgängerbewilligungen sowie Kurzaufenthaltsbewilligungen für mehr als 4 Monate gelten.

Falls Höchstzahlen eingeführt werden, ist es sehr wichtig, dass auch Kurzaufenthalte einbezogen werden. Sonst bietet sich diese Bewilligungsart für eine Umgehung der Höchstzahlen für andere Bewilligungsarten an. Die Folgen wären ein unsicherer Status für viele Kurzaufenthalter und wohl auch eine Zunahme von Sans-Papiers. Die Kommission betont, dass die Grenze unbedingt bei 4 Monaten anzusetzen ist.

Die Kommission hat sich an ihrer Plenarsitzung nicht nur mit der Teilrevision des AuG beschäftigt, sondern eine generelle Diskussion zur Umsetzung von Artikel 121a BV geführt. Dabei hat sie sich auf drei Punkte geeinigt, die ihrer Meinung nach fundamental für die Zukunft des Landes sind:

  • Die Bilateralen 1 dürfen nicht gefährdet werden.
  • Sollten die FZA-Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen, müsste der Wählerwille nochmals in einer Abstimmung eingeholt werden.
  • Das Potenzial der bereits in der Schweiz lebenden Menschen könnte schon lange besser genutzt werden. Hier müssen endlich konkrete Massnahmen ergriffen werden.

Letzte Änderung 19.05.2015

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