NKVF: Bericht über die Überwachung der zwangsweisen Rückführungen auf dem Luftweg

Bern, 08.07.2021 - In ihrem heute veröffentlichten Bericht legt die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) ihre Empfehlungen zu den 37 polizeilichen Zuführungen und 23 zwangsweisen Rückführungen auf dem Luftweg dar, die sie von April 2020 bis März 2021 begleitet hat – einer Zeit, die von der Covid-19-Pandemie geprägt war. Die Kommission stuft bestimmte Praktiken der Polizei, die weiterhin angewendet werden, als unangemessen ein. Schliesslich zieht sie Bilanz über die Überwachung der 25 Rückführungen auf Linienflügen bzw. der Vollzugsstufen 2 und 3, die sie von November 2019 bis März 2021 begleitet hat.

Unangemessene polizeiliche Praktiken

Im Allgemeinen stellten die Beobachtenden der NKVF weiterhin fest, dass die geltende Praxis in den Kantonen in Bezug auf die Anhaltung und die Zuführung der Rückzuführenden heterogen ist. Dies namentlich beim Einsatz von Fesselungen. Die Kommission ist der Ansicht, dass dringend Massnahmen ergriffen werden müssen, um die Praxis der Polizei bei den Rückführungen zu vereinheitlichen.

Es wurden zwar Verbesserungen festgestellt, aber die Kommission bedauert weiterhin die häufige Anwendung von Teilfesselungen während der Zuführungen und der Bodenorganisation. In ihrem Bericht weist die Kommission die Behörden eindringlich darauf hin, grundsätzlich auf Zwangsmassnahmen zu verzichten und sie nur dann anzuwenden, wenn die Personen ihre eigene Sicherheit oder jene anderer unmittelbar gefährden. Ferner erinnert die Kommission daran, dass gegenüber Kindern in keinem Fall Zwangsmassnahmen angewendet werden sollten. Sie befindet ausserdem, dass Fesselungen in keinem Fall allein aufgrund einer psychiatrischen Diagnose eingesetzt werden dürfen.

Des Weiteren erachtet die Kommission verschiedene Praktiken im Rahmen der Rückführungen als unangemessen, auch wenn diese punktuell beobachtet werden. So den überraschenden Zugriff in der Zelle, den Einsatz von Metallhandschellen an den Fussgelenken, den Einsatz von Sparringhelmen, die Verwendung eines Rollstuhls für den Transport einer gefesselten Person sowie die Überwachung einer gefesselten, auf einen Stuhl gesetzten rückzuführenden Person durch mehrere Begleitpersonen. Die Kommission erinnert in ihrem Bericht überdies nachdrücklich daran, dass die Rückzuführenden auf transparente Weise und in einer ihnen verständlichen Sprache über den Ablauf der Rückführung informiert werden müssen.

Monitoring der Rückführungen der Vollzugsstufen 2 und 3

In ihrem Bericht stellt die Kommission mit Besorgnis fest, dass die Rückführungen der Vollzugsstufe 3 nicht klar von den Rückführungen der Vollzugsstufe 2 unterschieden werden. Zwischen den beiden Vollzugsstufen besteht in Bezug auf die zulässigen Zwangsmassnahmen jedoch ein erheblicher Unterschied. Die Kommission stellt die Relevanz der Vollzugsstufen 2 und 3 in Frage und ist der Auffassung, dass vertiefte Überlegungen dazu angestellt werden müssen. Im Übrigen ist die Anwendung von Zwangsmassnahmen auf die Fälle zu beschränken, in denen die Personen ihre eigene Sicherheit oder jene anderer unmittelbar gefährden, und zwar für die kürzest mögliche Zeit. Schliesslich sollte in Anbetracht der Zwangsmassnahmen, die im Rahmen von Rückführungen der Vollzugsstufe 3 zulässig sind, ein unabhängiges Monitoring, insbesondere der Zuführungen und der Bodenorganisation, sichergestellt werden.


Adresse für Rückfragen

Livia Hadorn
Geschäftsführerin NKVF
+41 58 465 16 20



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Letzte Änderung 17.12.2021

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