Bundesasylzentren: Menschenrechtskonforme Unterbringung, Verbesserungspotential in einzelnen Bereichen
Gemäss Feststellungen der Kommission unterzog das Sicherheitspersonal in den allermeisten Zentren alle erwachsenen Personen bei jeder Rückkehr in die Unterkunft einer körperlichen Durchsuchung. In einem Zentrum betraf diese Praxis auch alle Kinder, was die Kommission als kritisch beurteilte. Die Kommission empfiehlt dem SEM, die aktuelle Praxis anzupassen, körperliche Durchsuchungen nur bei Vorliegen eines konkreten Verdachts vorzunehmen und auf Durchsuchungen bei Kindern grundsätzlich zu verzichten.
Die Kommission überprüfte auch den Umgang mit Disziplinarmassnahmen und begrüsst, dass diese in einem Register erfasst und ein Formular für Beschwerden zur Verfügung gestellt wird. Die Kommission bezeichnet die mündliche Eröffnung aus Gründen der Rechtssicherheit als ungenügend und empfiehlt dem SEM, sämtliche Disziplinarmassnahmen schriftlich zu verfügen (in leichteren Fällen reicht ein Formular aus). Die betroffene Person ist anzuhören und über die Gründe und die Dauer der Massnahme sowie über die möglichen Rechtsmittel in einer geeigneten Form und Sprache aufzuklären.
Für das in den Zentren tätige Betreuungs- und Sicherheitspersonal gab es nach Einschätzung der Kommission keine klaren Vorgaben zur Identifikation von Opfern von Menschenhandel unter den Asylsuchenden. Externe Fachstellen wurden in den meisten Zentren nicht systematisch beigezogen. Die Kommission empfiehlt dem SEM deshalb, ein für alle Bundeszentren gültiges Konzept zur Identifikation von Opfern von Menschenhandel und anderen vulnerablen Personen zu erarbeiten.
Die Kommission begrüsst das medizinische Screening der asylsuchenden Personen durch eine Pflegefachperson beim Zentrumseintritt. Im Rahmen ihrer Besuche stellte sie hingegen fest, dass sich der Zugang zur psychiatrischen Grundversorgung häufig als schwierig gestaltete und in der Regel auf Notfälle beschränkte. Die Kommission empfiehlt dem SEM, bereits beim Eintritt ein entsprechendes Screening vorzunehmen und psychisch auffällige bzw. traumatisierte Personen, wenn möglich bereits während dem Aufenthalt im Zentrum an die geeigneten Stellen zu überweisen.
Bis zur Aufhebung des allgemeinen Verbots war die Nutzung von Mobiltelefonen in den Zentren des Bundes jederzeit und überall verboten. Seit Frühling 2017 dürfen die Asylsuchenden tagsüber ein Handy nutzen. Die meisten Zentren verfügen inzwischen über einen drahtlosen Internetzugang. Nach Einschätzung aller Beteiligten, erleichtern beide Massnahmen den asylsuchenden Personen den Kontakt, insbesondere zu Familienmitgliedern sowie den Zugang zu Informationen (Medien). Die geregelte Handy- und Internetnutzung wirkt sich gemäss Rückmeldungen der Verantwortlichen insgesamt auch positiv auf die Sicherheit und das Zusammenleben im Zentrum aus.
Zwischen Juli 2017 und Juli 2018 besuchte die Kommission gestützt auf ihren gesetzlichen Auftrag insgesamt 11 Zentren des Bundes. Im Rahmen der unangekündigten Besuche überprüfte die Kommission die Einhaltung menschen- und grundrechtlicher Standards bei der Unterbringung. Die Beobachtungen und Erkenntnisse dieser Besuche und entsprechende Empfehlungen veröffentlicht die Kommission in einem Gesamtbericht.
Letzte Änderung 11.01.2019
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